Rezension zum MaroHeft #8 „Aus dem Off-Asexualität, Aromantik und die Sache mit dem Glück“

Maro Heft 8 1„Asexualität und Aromantik sind keine gängigen Begriffe und finden selten auf die große gesellschaftliche Bühne. Manchmal sind asexuelle und aromantische Personen mitgemeint, seltener mitgedacht, oft werden sie gezielt hinter die Kulissen verbannt.“ (Carmilla DeWinter 2022: 2)

Aus diesem Grund sollte sich, falls noch nicht geschehen, mit diesen Thematiken auseinandergesetzt werden. Den Themen Asexualität und Aromantik widmet sich das MaroHeft #8 mit dem Titel „Aus dem Off-Asexualität, Aromantik und die Sache mit dem Glück“ von Carmilla DeWinter, das im MaroVerlag Augsburg im Oktober 2022 erschienen ist. Dieses wurde farbenfroh von Jasmin Dreyer illustriert. Neben 32 Seiten Text und Bebilderung bietet das Heft außerdem ein passendes Poster und ein Lesezeichen.

Der Text im MaroHeft ähnelt einem Essay. Da Carmilla DeWinter selbst dem A-Spektrum angehört, werden immer wieder die eigenen Erfahrungen und Meinungen genutzt, um die Thesen im Text zu unterstreichen. An vielen Stellen sind jedoch Literaturverweise und Nennungen von Studien zu den Thematiken zu finden. Dadurch weist der Text zusätzlich Ähnlichkeiten zu Fachliteratur auf. Dennoch ist dieser modern und verständlich geschrieben. Auch Fachtermini sind immer wieder zu finden, die aber prompt auf eine einfache Art und Weise erläutert werden. Carmilla DeWinter versucht die Vielfalt im A-Spektrum darzustellen und mit Vorurteilen diesbezüglich aufzuräumen. Dies wird teilweise über eine sarkastische und bissige Schreibweise angegangen.

Die erste Hälfte des Heftes liest sich wie ein Warm-Up. Es erweckt den Eindruck als ob das Fundament für die kommenden Thematiken gelegt werden soll. Dies wird vor allem durch Definitionen und Erläuterungen dieser erreicht. Dennoch ist auch in der ersten Hälfte des Heftes immer wieder Kritik an vorherrschenden Normen herauszulesen. So wird beispielsweise das A-Spektrum inklusive geschichtlichen Hintergründen erklärt, Kritik an Allosexualität und -romantik geübt, auf das Split Attraction Model eingegangen, Romantik als Konstrukt beschrieben und Vorurteile und Benachteiligungen auf unterschiedlichen Ebenen angeschnitten. Dieser Teil des Heftes könnte zwar für Personen mit weniger Kenntnis in diesen Themenbereichen durch die vielen vielleicht unbekannten Begrifflichkeiten zuerst einschüchtern wirken, dennoch wird es geschafft all dies auf eine sehr einfache und verständliche Weise zu beschreiben. Für Personen mit einem etwas größeren Kenntnisstand werden die Informationen aber nichts Neues darstellen, geschweige denn Denkprozesse anregen können.

Im inoffiziellen zweiten Teil des Textes fühlt es sich jedoch so an, als ob dieser nun auf eine tiefere Ebene gehen wolle. Die Sätze sind durchzogen von Gesellschafts- und Systemkritik. Dies könnte an der eigenen Einstellung der schreibenden Person liegen, denn diese sieht Asexualität und Aromantik nicht nur als Orientierungen an, sondern auch als „[...] Instrumente, um sich selbst, die eigenen Beziehungen und die Gesellschaft in ihren Machtverhältnissen aus neuen Blickwinkeln zu beleuchten“ (vgl. Carmilla DeWinter 2022: 32). Dabei werden Thematiken wie neoliberalistische Denk- und Handlungssysteme, patriarchale Strukturen und Normen- und Machtstrukturen beschrieben und kritisiert.

Insgesamt bietet das Heft einen guten aber kurzen Überblick über die Thematiken Asexualität und Aromantik und trägt zur Sichtbarmachung dieser bei. Die Frage nach der Zielgruppe des Textes ist jedoch schwierig zu beantworten. Für Personen mit wenig Vorwissen bietet der Text zwar eine gute Einführung, kann jedoch aufgrund der systemkritischen Denkweisen wenig zugänglich wirken. ​

Vielleicht könnte aber gerade dies dazu führen, dass sich im Nachhinein selbstständig mit diesen Denklogiken auseinandergesetzt wird. Für Menschen mit mehr Vorwissen könnte der Text hingegen erst einmal nichts Neues bieten. Dennoch wird auf knappe Weise ein nachvollziehbarer Zusammenhang zwischen neuzeitlichen Denk- und Handlungsweisen und dem A-Spektrum hergestellt und pointiert kritisiert, sodass dies vielleicht zu weiterem eigenständigen Nachdenken anregen kann. Für Menschen, die sich weitergehend oder intensiver mit Thematiken des A-Spektrums auseinandersetzen wollen, würde es sich wahrscheinlich anbieten in längere Schriften hineinzuschauen. In diesem Zusammenhang und als Schlusssatz möchte ich hiermit noch auf das Buch „(un)sichtbar gemacht: Perspektiven auf Aromantik und Asexualität“ (2022) von Annika Baumgart und Katharina Kroschel und das Buch „Das asexuelle Spektrum. Eine Erkundungstour“ (2021) von Carmilla DeWinter aufmerksam machen.

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